Samstag, 9. Januar 2010

Corsaire vs. Cru Burgeois

Zum ersten Mal eine Doppelrezension in diesen Kreisen. Mehr als nur eine Begutachtung zweier Flascheninhalte wächst die Verkostung dieser beiden Kandidaten fast zu einem Glaubensbekenntnis.
Der wilde Korse gegen die bürgerliche Zucht. Deutlicher könnten die Vorzeichen nicht sein.
Die Konkurrenten im Einzelnen:

Der Corsaire. Weit gereist, viel Sonne und kaktusartige Rauhigkeit mitgebracht. Man schmeckt die Einschußlöcher in den Straßenschildern. Muß auffallen. Als wolle er sagen: 'Ich bin Korse, kein stinkender Frosch vom Festland.' Fängt mit der Zunge Streit an, man verzeiht ihm schnell. Ein ehrlicher Zeitgenosse.

Der Haut Medoc, Cru Bourgeois, von 2005. Weiß anfangs mit seinen oberflächlichen Reizen zu gefallen. Langweilt schnell durch seine Beliebigkeit. Die einen halten ihn für dezent, die anderen für belanglos. In jedem Fall opportunistisch. Gebährt sich großbürgerlich in feiner Weingesellschaft, obwohl seinesgleichen in den Zeiten der Massenkonsumption auch im REWE-Markt zwischen Babybrei und Hundefutter zu finden ist. Zieht sich zurück auf der Zunge. Wird in der Runde als Hochstapler entlarvt.

Fazit: Ein Schauprozeß. Kein Bourgeois kann einem Korsen das Wasser reichen. Geschmack triumphiert über lebende Fragezeichen. In vino veritas.